Zum Start der Skitourensaison

wenden sich der Österreichische Alpenverein und der Dachverband JAGD ÖSTERREICH mit einer gemeinsamen Bitte an alle Bergsportbegeisterten:

Umsichtiges Verhalten am Berg besonders heuer A und O.

Die Erholung in der Natur ist für uns Menschen durch die Einschränkungen der Coronapandemie zu einem noch wichtigeren Faktor geworden. Bereits im Sommer 2020 haben die geänderten Lebenssituationen und Bedürfnisse, die wir seither erleben, zu einem außergewöhnlich starken Andrang am Berg geführt. „Dass immer mehr Menschen den Weg in die Natur finden, bewerten wir grundsätzlich positiv“, sagt Alpenvereinspräsident Dr. Andreas Ermacora.

„Die Kehrseite dieser Entwicklung ist aber, dass auch der Druck auf sensible Ökosysteme, wie wir sie in den Alpen finden, kontinuierlich zunimmt. Entlastung der Natur? In Coronazeiten leider Fehlanzeige.“
Mit dem Winter und den teilweise extremen Schneelagen beginnt auch die winterliche Notzeit der Wildtiere, in der zusätzliche Fluchtmanöver und Stress tödlich sein können. Gleichzeitig rechnen Bergsportexperten mit einem Rekord-Skitourenwinter, der alles bisher Gesehene in den Schatten stellen wird. Trotz unterschiedlicher Sichtweisen, sehen Alpenverein und der Dachverband JAGD ÖSTERREICH hier ein übergeordnetes Interesse und appellieren gemeinsam an alle naturbegeisterten Erholungssuchenden und Bewegungsmotivierten.

Während die Jägerschaft sich in sensiblen Gebieten für lokal abgestimmte temporäre Winterruhezonen ausspricht, liegt es im Interesse des Alpenvereins, die allgemeine Wegefreiheit zu sichern. Damit Erholungssuchende und vor allem die Wildtiere gleichermaßen gut durch die kalte Jahreszeit kommen, bitten die beiden Organisationen gemeinsam um Rücksichtnahme in der Natur.

Wintersport mit Rücksicht auf Wildtiere

Einfache Spielregeln für naturverträgliches Miteinander:

Zunächst gilt es sich in Erinnerung zu rufen: Am Berg ist man nicht allein. Skitourengeher dringen in den sensiblen Lebens- und Rückzugsraum von Wildtieren ein, insbesondere, wenn sie sich abseits gängiger Skirouten und Wege aufhalten. „Das hat empfindliche Auswirkungen auf Wild und Wald“, weiß JAGD ÖSTERREICH Präsident, LJM Ing. Roman Leitner. „Wenn etwa Tourengeher unbeabsichtigt in eine Wildfütterung geraten oder versehentlich mit dem Ski eine Schneehöhle des Raufußhuhnes beschädigen“, gibt er Beispiele.

Das plötzliche Aufscheuchen verursacht bei Wildtieren gefährlichen Stress. Sie befinden sich normalerweise in einer Ruhephase, benötigen nur wenig Energie. Sind sie zur Flucht gezwungen, verbrennen sie wertvolle Ressourcen – schon ein, zwei unvorhergesehene Stressaktivitäten können zum Verenden der Tiere führen. „Wildtiere regulieren ihren Energiebedarf im Winter auf das notwendigste herunter, um mit den Witterungsbedingungen und dem gesenkten Nahrungsangebot zurecht zu kommen. Gestresste Wildtiere benötigen allerdings etwa um ein Drittel mehr Energie zum Überleben“, so JAGD ÖSTERREICH Präsident LJM Ing. Roman Leitner weiter. Problematisch sehen Alpenverein und Dachverband JAGD ÖSTERREICH auch die gesteigerten Aktionsradien der Wintersportler. Vor allem die Tourenfrequenz in der Dämmerung und in der Nacht nimmt zu. „Zu diesen Zeiten reagiert das Wild besonders sensibel. Es befindet sich auf Nahrungssuche und wird bei Störung in Stressversetzt. Dabei gelangt plötzlich viel kaltes Blut aus den Beinen in die inneren Organe und es kommt zu einem Schock, der auch tödliche Folgen haben kann.“, erklärt Präsident Leitner. „Skitourengeher und Schneeschuhwanderer sollten daher vorausschauend planen und möglichst nur zur Tageszeit und auf allgemeinüblichen oder markierten Routen unterwegs sein“, ergänzt Präsident Dr. Ermacora

Abstand halten, Lärm vermeiden, Hinweise ernstnehmen

Wildtiere meiden den Kontakt zum Menschen und flüchten bei Lärm meist, bevor sie in Sichtweite kommen, weshalb unbedingt auf laute Geräusche jeglicher Art verzichtet und die entsprechenden Hinweisschilderbeachtet werden sollten. Zu beachten ist auch, dass Wildtiere bei Flucht auch Lawinen auslösen können. Kommt es dennoch zur Sichtung eines Wildtiers, so ist laut den Experten jedenfalls Abstand zu halten und keinesfalls den Tierspuren zu folgen.

Neben den Wildtieren wird oft auch der Wald in Mitleidenschaft gezogen. Gestresste Tiere hinterlassen nicht selten Verbissschäden an Baumwipfeln und Schälschäden an der Rinde. Vor allem in Wäldern, die unsere Siedlungen schützen, kann das schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft haben. „Für Aufforstungs- und Jungwuchsflächen gilt deshalb generell: Flächen unter drei Metern Wuchshöhe dürfen nicht befahren werden“, erinnert Präsident Dr. Ermacora. Mit dem Blick ins Frühjahr betont er: „Bei geringer Schneebedeckung nimmt die Vegetation noch leichter Schaden. Da sollte man sich überlegen, ob man nicht doch lieber die Bergschuhe auspackt und zu Fuß eine Wanderung genießt.“

RÜCKSICHTSVOLL VERHALTEN – AUF EINEN BLICK

Wer bei seinen Wintersportaktivitäten Rücksicht auf Wildtiere nehmen will, beherzigt folgende Empfehlungen:

  • Grate und Rücken sind der Lebensraum des Schneehuhns, Gams- und Steinwilds:
    Halte dich besonders im Hochwinter erst nach Sonnenaufgang dort auf und vermeide Aufenthalte nach Sonnenuntergang. Für Wildtiere sind Ruhepausen in den begrenzten Sonnenstunden lebensnotwendig.
  • Die Waldgrenze ist der Lebensraum des Birkhuhns: durchquere sie in direkter Linie und halte so viel Abstand wie möglich zu Baumgruppen und Einzelbäumen.
  • Im Wald leben Auerhuhn und Rotwild: wähle deshalb deine Aufstiege und Abfahrten über die allgemeinüblichen oder die markierten Skirouten.
  • Fahre niemals durch Aufforstungs- und Jungwuchsflächen mit Baumhöhen unter 3 m.
  • Umgehe Fütterungen großräumig, vermeide Lärm, beobachte Wildtiere nur aus der Distanz und folgekeinen Tierspuren.
  • Beachte Informationstafeln, Lenkungskonzepte, Hinweise und Markierungen im Gelände.
  • Vermeide den Aufenthalt in der Dämmerung: sie ist für Wildtiere die Zeit der Nahrungsaufnahme und Ruhephase.
  • Verzichte auf Touren in der Nacht: Wildtiere brauchen auch ungestörte Zeiten.
  • Nimm deinen Hund unbedingt an die Leine.

Einheimische nicht einsperren. Ein Wort zu guter Letzt.

Der Tourenboom wird auf Zufahrtswegen und Parkplätzen beliebter Routen immer spürbarer und macht auch vor privaten Hauseinfahrten nicht Halt. Hier ist einmal mehr Um- und Rücksicht bei der Planung gefragt: Sind die öffentlichen Parkplätze knapp, so sollte man in Erwägung ziehen, mit Öffis anzureisen oder Fahrgemeinschaften zu bilden. Immer und überall zu parken ist ein unzulässiger Anspruch. Denn sonst gibt es für Ortsansässige, Förster, Jäger und lebensrettende Einsatzkräfte kein Durchkommen mehr.