Die Jungen sind los!
Ausgangsbeschränkungen für Hund und Katz
Nach Monaten auf reduziertem Lebensraum mit überschaubaren Sozialkontakten ist die Sehnsucht nach Sonne und Freiheit groß. Und der nahende Frühling geradezu ideal, um die deutlich geschwächten Batterien wieder entsprechend aufzuladen. Insbesondere ein Spaziergang im Wald kann da in heiklen Pandemiezeiten einen ordentlichen Motivationsschub geben. Und doch ist bei allem Verständnis für die neue Liebe zur Kraftquelle Natur gerade in diesen Tagen eine besondere Vorsicht geboten. Denn im Wald ist der Baby-Boom längst angelaufen.
Die Jägerinnen und Jäger appellieren daher in ihrer Funktion als Heger: Insbesondere im Frühling gilt für alle Waldbesucher gemeinsam „Schonzeit“. Wer sich aktuell durch Flora und Fauna bewegt, sollte daher zwingend stets ein entsprechendes Maß an Rücksichtnahme im Gepäck haben. Diskretion lautet das Gebot der Stunde für Spaziergänger, Läufer und Mountainbiker im Forst, aber auch auf weiter Flur. Denn jetzt ist die Zeit der ersten Junghasen und Gelege von Vögeln, in der menschliche Gedankenlosigkeit für „Tierbabys“ und angebrütete Eier schwerwiegende Folgen haben kann.
Leine kann Leben retten
Einen besonders eindringlichen Appell richtet Oberösterreichs Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner an die Haustierbesitzer: „Natürlich sind die weiten Wiesen auf den ersten Blick ein Laufparadies für Hunde. Was dabei gerade jetzt im Frühjahr übersehen wird, dass diese Flächen eben jetzt schon die Kinderstuben vieler Wildtiere sind.“ Daher: „Bleiben die Hunde nicht von allein auf den Wegen, müssen sie dringend an der Leine geführt werden.“
Sieghartsleitner bittet aber auch die Katzenbesitzer um Rücksichtnahme: „Es ist natürlich beim Stubentiger ungleich schwieriger, diesem Grenzen zu setzen. Aber zumindest in der Dämmerung und während der Nacht sollen Katzen jetzt nicht nach draußen gelassen werden.“
Keine menschliche Hilfe
Wildtiere brauchen kaum menschliche Unterstützung! Jungtiere, die nicht offensichtlich schwer verletzt sind, sollten nicht von Menschenhand berührt oder mit nach Hause genommen werden. Dadurch geraten die Tiere in akute Lebensgefahr, denn nichts ist wichtiger als die mütterliche Fürsorge. Leider kommt es aber immer wieder zu Fehleinschätzungen besorgter Leute, die den Tieren damit viel mehr schaden als nützen. Oft halten gerade die menschlichen Beobachter die Elterntiere nämlich davon ab, zu ihren Jungen zu gelangen.
Keine einsamen Hasen
Die Dramatik durch falsch verstandene Hilfe, zeigt sich etwa am Beispiel des Feldhasen. Die scheinbar einsamen und verlassenen Jungtiere befinden sich nämlich in der Obhut von fürsorglichen Hasenmüttern und sollten keinesfalls mit nach Hause genommen werden.
„Feldhasenmütter säugen ihre Jungen meist nur einmal täglich – und zwar in der Nacht und das innerhalb von weniger als zwei Minuten“, erläutert Christopher Böck, Wildbiologe und Geschäftsführer des Oberösterreichischen Landesjagdverbandes. Der Nachwuchs tankt in dieser kurzen Zeit den kompletten Tagesbedarf an der sehr nahrhaften Milch mit 23 % Fettanteil. „Dieses Verhalten dient dazu, Füchse, Krähen und andere Beutegreifer nicht durch häufiges Aufsuchen der Jungen auf leichte Beute aufmerksam zu machen. Wenn dann noch „vermeidbare“ Feinde wie freilaufende Hunde oder streunende Katzen dazu kommen, schaut es aber trotz dieser Strategie oft schlecht für den gesamten Junghasenbesatz im Frühjahr aus“, so Böck.
Warten auf Mama Langohr
Es ist also völlig normal, dass Junghasen 99,9 Prozent des Tages ganz alleine verbringen. Da sie keinen Bau besitzen, warten sie auf den einen, nächtlichen Besuch der Mutter meist bewegungslos und gut getarnt in eine Ackerfurche oder im noch kurzen Gras gedrückt.
Die Erholungssuchenden sollten jedenfalls auf den Wegen blieben, Hunde an die Leine nehmen, Vögel nicht – etwa durch Fotografieren – bei der Aufzucht stören, Jungtieren weiträumig ausweichen und – eigentlich selbstverständlich – keinerlei Abfälle in der Natur zurücklassen. Wenn verschiedene Jungtiere durch Störungen des Menschen nicht von ihrer Mutter gesäugt werden können, würden diese in ihrer gesunden Entwicklung gestört, warnt Böck.
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